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Sinnlich, soundstark, süffig: Winckelmann-Feier 2023


„Wein weckt Sehnsüchte ähnlich wie die Kunst“, unter diesem Motto lässt sich unsere Winckelmann-Feier 2023 sinngemäß nach dem abschließenden Grußwort der Fränkischen Weinprinzessinen Linda Keller und Emmi Wendemuth zusammenfassen. Der Veranstaltung war heuer besonders viel Zulauf beschert: Der pittoreske Toscana-Saal der Residenz war bis auf den letzten Platz besetzt, so dass die zuletzt eingetroffenen Gäste auf die Empore ausweichen mussten; und das, obgleich die Veranstaltung dank eines Live-Streams erneut ebenso im Netz verfolgt werden konnte.



Für die richtige Stimmung sorgte gleich zum Veranstaltungsauftakt der Kammerchor der Kantorei Würzburg unter Leitung von Anke Willwohl. Mit Auszügen aus dem mittelalterlichen Lieder-Zyklus der Carmina Burana – in ihrer genialen Zusammenstellung und Vertonung von Carl Orff – wurde dem übergreifenden Thema von Wein & Sinnlichkeit auch akustisch gehuldigt. „Veni, veni, venias!“ lautete der Appell, sich auf einen Abend voller opulenter Bilder und anzüglicher Anspielungen einzulassen: „Si puer cum puellula…“. Alla Kesselmann am Flügel heizte dem 15-köpfigen Ensemble rund um den Solisten Thomas Kram entsprechend ein und sorgte für ein beschwingtes Tempo. „In taberna“ wurden die Gläser auf wortwörtlich jede(n) erhoben, bis schließlich alle miteinstimmen konnten: „Tempus est iocundum“!

 

Selbst in den Jahresberichten der Direktoren zu den beiden Museumsabteilungen ging es nicht immer nüchtern zu. Jochen Griesbach zeigte sich begeistert vom besonderen studentischen Engagement in diesem Jahr, durch das Schulprojekte in Gang gesetzt, neue Vermittlungsangebote in der Dauerausstellung entwickelt, erstmalig Besucher*innenumfragen durchgeführt und viele wertvolle öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen realisiert werden konnten. Damian Dombrowski zog die Gäste in einen Bilderrausch zahlloser Schenkungen und Zuwendungen, der am Höhepunkt in die ‚Wellhöfer-Trilogie‘ mündete: Dr. Herbert Wellhöfer hat den Bestand der Gemäldegalerie nicht nur mit einem wertvollen Werk von Jan Geritz von Bronchorst, „Die Verleugnung Petri“, aus dem 17. Jahrhundert bereichert, sondern mit einem beachtlichen Stiftungsvermögen dem Museum die Basis geschaffen, in der Zukunft die Forschungsaktivitäten zur Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts sowie zur antiken griechischen Numismatik zu intensivieren. Folgerichtig hängt nun auch sein Konterfei, gemalt von Jaros Dražil, in der Galerie unserer Museums-Mäzenaten.



Höhepunkt des Abends war aber zweifellos der Festvortrag von Dr. Alexander Heinemann, Kustos der Archäologischen Sammlungen an der Universität Tübingen. Ohne Skript, aber umso mehr mit souveräner Eloquenz und ergötzender Sprachfreude nahm der Experte für Dionysos & Co. unser Publikum mit auf eine kurzweilige wie anschauliche Betrachtung der unterschiedlichen Adressierungen von Bildern auf Symposionsgeschirr: Auf den großen Gefäßen sprechen die Szenen bevorzugt das Kollektiv der Festgemeinschaft im Andron (Gelageraum der Männer im griechischen Wohnhaus) an; ähnlich auch auf den Trinkschalen (Kylix), die im Kreis der Symposiasten herumgereicht wurden. Anders verhält es sich bei den meisten Innenbildern der Schalen, den Tondi, die erst durch das Leeren des Gefäßes sichtbar werden, sich dann aber auch nur dem einzelnen Zecher zu erkennen geben. Diesen „Bullaugen“ bzw. „Sprachogarnen“ der Kylikes bleiben in der Regel Szenen von großer Intimität überlassen, die dem ‚einsamen‘ Blick des Trinkenden vorbehalten sind. Außerdem verblüffen nicht wenige dieser Bilder durch einen „Knick in der Optik“, indem sich die dargestellten Gegenstände der üblichen Axialität entziehen: ein (Verwirr-)Spiel mit der zunehmenden Trunkenheit des vereinzelten Wein-Konsumenten?

 

In der sich anschließenden Einführung zur Ausstellung „Wein & Sinnlichkeit. Der Fotograf Johann Willsberger entdeckt das griechische Symposion“ wurde dieses Spielen der Gefäße und ihrer Bilderwelten rund um den Wein mit den menschlichen Sinneseindrücken weiter ausgeführt. Der Wein und die Kultur, die sich in Jahrhunderten um ihn entwickelt hat, spricht nicht nur verschiedene Sinne an, sondern verlangt förmlich nach einer Einbeziehung aller Wahrnehmungsebenen, die durch den qualitativ einzigartigen Genuss dieses Alkoholikums aufgerufen werden. Die stimulierenden Wirkungen des Weins gehen aber nicht nur vom Alkohol aus, sondern auch von der Beobachtung der dynamischen Kräfte, die bei seiner Herstellung sicht- und riechbar freigesetzt werden. „Der Wein beflügelt die Phantasie“, bringt es Johann Willsberger selbst an diesem Abend auf den Punkt. Die intensive Berührung von Wein und Kunst liegen demnach in der Affinität ihrer Wirkungen.


 

Davon konnten sich unsere Gäste im Folgenden bei einem Glas Wein in der Hand ganz persönlich überzeugen. Die Ausstellung im Zeichen des (raumbeherrschenden) Dionysos enthält 14 Vitrinen mit Bankettgeschirr, Münzen und Terrakotten aus der Welt des griechischen Weingottes. Nicht nur die Bilder selbst bieten jede Menge Unterhaltung, sondern auch so manches der Gefäße wartet selbst mit Überraschungseffekten auf. 27 Fotografien im Großformat bilden einerseits den optischen Brückenschlag von der Antike zur Gegenwart und veranschaulichen andererseits die sinnlichen Reize der Weinwerdung – anhand international renommierter Rotweine – als Metaphern der Entstehung der Welt. Zusätzliches Bildmaterial liefern Slideshows. Und auf einem Computerbildschirm wird sogar eines der Vasenbilder zu passender Musik selbst lebendig!

 

Es war wahrlich ein sehr langes Abendprogramm! Entsprechend groß war der Sturm auf den Ausschank. Das Julius-Spital hat Secco spendiert. Johann Willsberger hat selbst mehrere Kisten seiner Lieblingsweine mitgebracht. Viele Gäste haben es sich folglich nicht nehmen lassen, bis um Mitternacht weiterzufeiern. Wir danken allen, die gekommen sind, genauso wie den Akteur*innen, die den Abend vorbereitet und ermöglicht haben. Es war uns ein Fest!


Mehr zur Ausstellung Wein & Sinnlichkeit

 

Die Aufzeichnung der Feier ist auf youtube abrufbar: 



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